STEIGENDE IMMOBILIENPREISE NACH CORONA

OPTIMISTEN ERLEICHTERT, EXPERTEN VERHALTEN

Steigende Kaufpreise zeigen aktuelle Analysen aus dem deutschen Immobilienmarkt. Nach der Corona-Pandemie! Treibt die Coronakrise Immobilienpreise tatsächlich auf neue Höchststände? Der Immobilienfinanzierer Dr. Klein wagt am Mittwoch die Hypothese, die Coronakrise könnte die Nachfrage nach Wohneigentum sogar noch verstärken. Das Unternehmen untermauert die Annahmen mit aktuellen Erhebungen, die einen Preisanstieg von Häusern und Eigentumswohnungen im Q1/2020 belegen: Zwar habe sich die Dynamik meist abgeschwächt, jedoch beobachtet Dr. Klein Preissteigerungen in München, Frankfurt und Stuttgart. Aktueller, bis zur KW21/2020, misst auch das Analyseunternehmen F+B mit dem sogenannten „Corona-Index“ keine Preisrückgänge. Eigentümer gewähren keinen „Corona Rabatt“, jedoch sehen die Analysten einen deutlichen Einbruch des verfügbaren Angebots zwischen KW20/2020 und KW21/2020. 

Coronapandemie: Steigende Immobilienpreise? Dauerhaft? Wirklich?

Die aktuellen Marktdaten überraschen Marktteilnehmer, weil viele Ökonomen einen Preisverfall im Zuge der Coronakrise prognostiziert hatten. Sogleich „feiert“ das Magazin Wirtschaftswoche im Artikel „Welche Corona-Immobilien-Mythen stimmen“, die vermeintlich falschen Prognosen. Der Beitrag behandelt ausführlich Angebot und Nachfrage, widerspricht der Theorie Stadtflucht, wie auch dem potenziellen Preissturz: „Obwohl manche Prognose Preiseinbrüche von bis zu 25 Prozent vorhergesagt hatte, stiegen die Immobilienpreise bislang munter weiter an.“ „Bislang sorgt die Coronapandemie offenbar weder für eine Stadt- noch für eine Büroflucht – zumindest, was Kaufimmobilien angeht. So ist die Zahl der zum Kauf angebotenen Büroflächen ebenso stabil wie die Exposéansichten und die Kontaktanfragen.“, heisst es in dem Artikel der Wirtschaftswoche.

Interprätation der Marktdaten und Meinungen

„Bislang“ könnte zur beachtenswerten Formulierung in dem Beitrag werden. Lange und stabile Zyklen, eine besonders geringe Elastizität des Angebots, sowie lange Reaktionszeiten erschweren ein Fazit über den Immobilienmarkt – insbesondere wenn die Krise keinesfalls ausgestanden scheint. Die Gesundheitskomponente der Coronapandemie tritt derzeit zugegebenermaßen tendenziell in den Hintergrund, aber ist die Gesundheitskrise damit schon überwunden? Falls nicht, wie verheerend wären die Folgen einer zweiten Welle bzw. wie gut könnte Deutschland die zweite Welle meistern. Aus ökonomischem Blickwinkel hat die Coronakrise jedoch gerade erst begonnen: 

Kurzfristig steigende Preise folgen logischen Erklärungen

Die von Regierung und Zentralbanken freigesetzte Liquidität spricht zunächst dafür, dass sich eine Asset-Inflation, die bereits im Aktienmarkt erkennbar war, auch in den Immobilienmarkt übersetzt und die Preise weiter befeuert. Starke Volatilität an den Weltbörsen und steigende Unsicherheit gepaart mit explodierenden Inflationsrisiken, erklären zudem den kurzfristigen Wegfall der Angebotsseite. Verkäufer nehmen Angebote aus dem Markt, weil die geplante Weiterverwendung von Verkaufserlösen entfällt. Das Verkaufsansinnen wird im besten Fall hinausgeschoben. Im schlimmstenfalls verfällt der Verkaufswunsch. Viele Eigentümer befürchten Hyperinflation, sehen sich in der Immobilie noch am besten investiert. 

Das Umdenken der Verkäufer liefert auch eine Erklärung für anziehende Preise: Kaufinteressenten sind geneigt, ihre Gebote nachzubessern, um den Transaktionsvorgang dann doch noch in die Wege zu leiten.

Parallelen: Erst die Börsen, dann der Immobilienmarkt

Die Kursrallye der Börsen, dieses Fazit lässt sich am Freitagmorgen nach dem dramatischen Kurseinbruch vom Donnerstag wohl ziehen, könnte ausschließlich spekulationsgetrieben sein in der Hoffnung auf eine baldige Entspannung der Situation und einen schnellen Weg aus der Rezession. Mit scheibchenweisem Eintreffen empirischer Erhebungen und Expertenmeinungen könnte sich das Bild jedoch immer weiter eintrüben. Blicken wir in die USA und analysieren wir den Kursverfall vom Donnerstag: Fed-Chef Jerome Powell informierte die Welt, dass sich die US-Wirtschaft nicht so zügig erholen wird, wie von Optimisten angenommen. Zudem klagt das Land über wieder steigende Infektionszahlen – hier sind die Übertragungen, die bei den Demonstrationen stattgefunden haben müssten, noch nicht eingeschlossen. Nach der Kursrallye droht jetzt der tiefe Fall. 

Was hat das nun mit dem deutschen Immobilienmarkt zu tun? Auch hier handeln Marktteilnehmer in Ermangelung der vollständigen Informationen. Die Transmission erfolgt nur zögerlicher als bei Wertpapieren und wird durch die Intervention von Regierung und Zentralbanken noch verlangsamt: Während die Staatsinterventionen kurzfristig für Stabilität sorgen und unvermeidbare Unternehmensinsolvenzen zeitlich verzögern, ist der Corona-Schock noch nicht in voller Härte in der Realwirtschaft und bei Nachfragern – also den potenziellen Käufern – angekommen. Das Auslaufen von Hilfsprogrammen und kurzfristigen Corona-Unterstützungsregelungen (beispielsweise die vorübergehenden Aussetzung der Insolvenantragspflicht, die zum 30 September auslaufen wird), könnte derzeitige Bild des Immobilienmarktes umfassend drehen. 

Fazit verfrüht: Ringen zwischen negativen und positiven Einflussfaktoren auf die Immobilienpreise noch nicht abgeschlossen

Es muss sich also noch herauskristallisieren, ob Asset-Inflation und mangelnde Alternativen zur Verwendung der Liquidität die Immobilienpreise weiterhin antreiben oder ob die Realwirtschaftlichen Gegentendenzen Oberhand gewinnen: Mieter, die arbeitslos werden und deshalb Miete stunden oder ausziehen; Käufer, die schwerer Immobilienkredite erhalten oder unter schlechterer Bonität aufgrund leiden; Gewerbemieter, deren Unternehmen sukzessive in die Insolvenz laufen und ein insgesamt langfristig fallendes BIP würden dieser Gegenbewegung voranstehen.

Quelle der Mietercoach

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Ein Kommentar

  1. Vielen Dank für den informativen Beitrag.
    Ich hab die Erfahrung gemacht, dass während der Corona-Krise in vielen Orten die Immobilienpreise deutlich gestiegen sind. Viele Anleger und Investoren haben Angst vor der steigenden Inflation und investieren daher mehr als sonst in Immobilien.
    Wie sind da eure Erfahrungen?

    VG
    Patrick

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